Sechzehnter Tag - Mittwoch, der 31.8.94

Etappe 15
Von St. Anna am Aigen
Nach Leutschach
Über Pichla, Tieschen, Radochen, Überspitz, Deutsch Goritz, Gosdorf, Eichfeld, Hainsdorf-Brunnsee, Pichla bei Mureck, Seibersdorf bei St. Veit, Lind bei St. Veit, St. Veit am Vogau, Vogau, Ehrenhausen, Gamlitz, Gamlitzbachtal
Distanz 60 (63) km
Bemerkung

Wir verabschieden uns von Frau Gangl und fahren bei strahlendem Sonnenschein und hoher Luftfeuchtigkeit los. In Tieschen haben wir die Hügel hinter uns, nun geht es auf Nebenstraßen am Rand der Murebene entlang bis St. Veit an der Vogau. Ankunft um 15 Uhr. Rast beim Kirchenwirt, es böten sich aber noch zwei oder drei andere Gasthäuser an.

St. Veit ist ein beliebter Wallfahrtsort. Die Wallfahrtskirche ist dem heiligen Veit gewidmet, einem frühkirchlichem Märtyrer, welcher wegen seines Glaubens von den Römern bei lebendigem Leibe in Öl gesotten wurde. Die ursprüngliche Kirche war eine der ersten in diesem Raum und ist im Zuge der Christianisierung vom Salzburger Bischof im 9. oder 10. Jhd. etabliert worden. Die jetzige Kirche ist ein wirklich prachtvoller Barockbau in Hallenkirchenform. Um den Gläubigen eine universelle Fürbittstelle anzubieten, sind die meisten, für die jeweiligen Lebensfälle zuständigen Spezialisten in Form von Heiligenfiguren in der Kirche versammelt. Zwei Reliquienschreine gehören ebenfalls zum Inventar. In einem ist eine verdorrte Hand ausgestellt, welche, wie die Inschrift besagt, "die heilige Anna berührt hat". Hier blüht noch der Volksglaube! Das Bild der Madonna im Hochaltar ist eine Kopie nach dem Vorbild der byzantinischen Madonna im schwarzem Gewand. Päpste, Bischöfe, Herzen Christi, weitere Madonnen, Putti und der heilige Geist im "Heilig Geist Loch" bevölkern des weitern die Kirche. Am Eingang der sinnige Spruch: "Viele kommen, um zu Sehen, nur Wenige, um zu Beten".

Gegen 17 Uhr gehts weiter. Wir überqueren die Mur, durchfahren Ehrenhausen und bleiben im Tal über Gamlitz bis zum Talende ca. 4 km vor Leutschach (ab Ehrenhausen alles Bundesstraße). Nun gehts steil und schweißtreibend ca. 2 km hinauf. Abfahrt nach Leutschach. Die Landschaft hat sich gewandelt, die Hügel sind nun eher schroffe Berge und die Täler enger. Schöne Aussichten von der Höhe. Bei Pronneggs vulgo Kristeindl (der Hausname, welcher auch mit dem Vorsatz "vlg." auf Schildern und in Prospekten erscheint), dem ständigen Feriendomizil von Elkes Eltern, ist kein Zimmer frei, lautet die telefonische Auskunft. Einem Prospekt des Fremdenverkehrsvereins empfiehlt uns unter "Privatzimmer" die Familie Tscheppe. Wir fahren von der Ortsmitte Richtung Gamlitz ein Stück zurück, biegen links neben dem Feuerwehrhaus ab (beschildert mit "Eichberg-Trautenburg") ins Tal hinunter, und nach ca. 200 m links steil über 500 m den Hang hinauf. Bei der Hopfenannahmestelle links abbiegend nochmals etwas den Berg hinauf, und oben auf dem Kamm liegt rechts neben der Straße das Haus der Tscheppes. Wir werden freundlich aufgenommen und beziehen ein Zimmer mit Dusche, WC und Balkon. Ruhige Lage, außer tagsüber, wenn, in der Regel nur im August, bei der Hopfenannahmestelle Hopfen "geschreddert" wird. Wir fühlen uns gut untergebracht. Wie sich später zeigt, sind die Gelsen hier fast kein Problem.

Es ist schon nach 9 Uhr und noch kein Abendessen in Sicht. Auf Empfehlung unserer Wirtin machen wir uns im Dunkeln zu Fuß weiter den Berg hinan auf zum Buschenschank Kollerhof, Gehzeit angeblich 20 min. Nach 25 min forschen Gehens stehen wir durchgeschwitzt mitten in der Pampa, kein Haus, kein Licht zu sehen. Wir wollen schon umkehren, als von unten ein Auto kommt. Wir halten es an, und der Fahrer teilt uns mit, daß es noch ein Stück zu gehen wäre. Er nimmt uns mit. Von der Straße aus ist der Kollerhof fast nicht zu sehen. Brettljause und geräucherte Forelle, Welschriesling. Freundliche Gaststube und Wirtsleute. Gegen 23 Uhr laufen wir noch eine gemütliche halbe Stunde, wieder im Stockfinstern, bergab und sitzen dann noch ein Stündchen auf dem Balkon, um die Ruhe und Stimmung hier oben in uns aufzunehmen.